130110 vom loch im hasendraht und vielem mehr
so lange schon konnte ich nicht mehr oder wollte nicht. nicht herauszubekommen, wer mich gehindert hat.
erst
jetzt bietet sich neue gelegenheit. oder wird nur die erinnerung wieder
wach, sich unter einem hasendraht durchgegraben oder ein kreisrundes loch
hineingeschnitten zu haben und dann ab auf die andere seite und ich war
frei?
ich solle mich doch bitte,
sagen alle, ich solle mich doch bitte besser erinnern. eindeutiger
äußern. es nützt nichts. die starre, erinnerungsschwache welt um mich herum ist vielleicht
doch die richtige. oder die, die ich verdiene.
ich
kehre tanzendes laub vor mir her, lege weggeworfene scherben zu einem
mosaik, schreibe zettel voll und werfe sie in eine große kiste.
der
traum mit dem hasendraht führt mich jedesmal zu dem feldhasen, den ich
mit dem alten 205 überfuhr. unten in der ebene bei bedoin am fuße des
mont ventoux. ich bringe vieles durcheinander, so ein erlebnis aber
prägt sich ein.
vor allem, weil ich anhalte, den toten hasen in
eine decke wickle, und ihm, bei meinen freunden angekommen, in der garage das fell
über die ohren ziehe.
>der feldhase entrinnt mir nicht dem kochtopf<, sage ich, obwohl ich gar nichts gefragt werde.
>ich habe ihn mit meinem kleinen peugeot getötet, wo ich sonst
keinem hasen je ein leid antäte; jetzt werde ich ihn auch verspeisen<.
nein,
tierlieb bin ich nicht, in mir ist eine mischung aus liebe und
verachtung, die ich vor allem an meinem verhältnis zu tieren bemerke.
ich spüre diese merkwürdige verquickung aus liebe und verachtung auch im widerstreit meines
körpers mit den fliehenden gedanken in meinem kopf. es fehlt oft nur ein
buchstabe und alles könnte sich in eine eindeutig liebevolle richtung
entwickeln. das blatt könnte sich zum guten wenden, die welt würde mir
zeigen, dass ich >für die liebe und nur für die liebe< tauge,
aber der tag lässt auf sich warten und ich treibe weiter quer zur
gesellschaft, ohne ihr allzuviel abgewinnen zu können. ich gehe nicht
weit genug, noch nicht, nicht mehr, ich …
manchmal rüttelt an uns
etwas ganz unvorbereitet. heute nacht wachte meine alte mutter um vier uhr
morgens auf und in ihrem kleinen häuschen steht ein mann im anorak. ein
penner, der nach einer kerze fragt. als sie mir jetzt die geschichte
erzählt, rutsche ich auf meinem stuhl hin und her und erwarte von mir mehr
anteilnahme, mehr neugierde, mehr gute ratschläge.
eigentlich erwarte ich von meinem innern sogar noch mehr: dass ich ihr nachhilfe in
praktischer philosophie gebe.
die theorie zu obigen begebenheiten ist in meinem geist ein paar schubladen zu hoch angesiedelt und auf sehr
dünnes papier geschrieben. wenn ich bald einmal hinaufreichen werde und sie durchstöbern kann,
werde ich mich bestimmt häuten und nicht mehr wie eine zwiebel stinken.
auf die sieben leben, die ich angeblich habe wie eine zwiebel schalen,
verzichte ich dann sicher noch lieber als jetzt schon.
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