201029 brief am rand der milchstraße

 

201029 brief am rand der milchstraße
 
liebstes globuli-weltkügelchen,
 
das ist ja wirklich schön, dass du mir schreibst und trotz all diesen schlechten nachrichten findest du ja immer eine ablenkung wie das beschriebene nachbarschafts-apéro mit mars, venus und den anderen rotierenden freundchen, hündchen pluto inbegriffen. ein apéro, das, wie du schreibst, auch dieses mal in einem kleinen besäufnis endete. da bist du wirklich unschlagbar, mein weltkügelchen, zuverlässig am rande unserer milchstraße.
 
natürlich komm’ ich dich gern bald trösten, mein erdenerbschen, falls ich wegen corona überhaupt wieder auf dir von a nach b rutschen darf. auf dir rutschen, wäre das vielleicht schon trost genug oder muss ich den äquator entlangjoggen, damit du dich einkriegst? werde auf alle fälle alles versuchen.
 
nach der entspannten zeit in d...ach, für dich sind alle städte ja doch nur wärzchen... und dem schönen besuch bei münchhausen in bodenwerder habe ich jetzt hier rund um mein häuschen noch für zirka eine woche zu tun. 
 
vor allem sammle ich holz für den kachelofen und staple es außen um meinen geräteschuppen. das feuerholz bildet quasi die wände des schuppens. wenn du dich weiter erwärmst, liebes, erbarmst du dich automatisch auch meiner und ich muss in zukunft weder holz sammeln noch heizen. vielleicht kann ich dann im milden klima auch ganz ohne deine globuli überleben. diese mini-zuckerchen sind mir sowieso suspekt, obwohl ich weiß, dass es sich um deine schweißperlen handelt.
 
bin derzeit im ferienmodus, mache kleine spaziergänge. körbeweise klaube ich äpfel auf, niemand erntet sie, deine streuobstwiesen liegen voll mit boskop, berlepsch und anderen sorten. habe gestern damit einen apfelkuchen gebacken. ja, deine äpfelchen, lecker!
grade mach’ ich eine reispfanne mit selbstgesammelten parasolpilzen. auch der blumenstrauß auf dem tisch stammt von meinen streifzügen auf deinem bauch. gleich hinter dem wald gibt es viele verlassene schrebergärten, in denen es noch üppig blüht. hab's vergessen: wie nennst du die hautkrankheit, die wir als schrebergärten bezeichnen?
 
ich habe den eindruck, dass die leute selbst spazierengehen als arbeit begreifen, sonst würden sie doch auch rumstreunen und sich an allem freuen, was der herbst uns schenkt. aber nein, sie joggen oder sie führen ihre hunde aus.
 
schaue mir abends immernoch häufig videos auf youtube an, die meisten sind wirklich interessant. bei der doku über jimi hendrix musste ich sogar an einer stelle weinen. warum bloß hast du ihn so früh wieder verschluckt? 
 
dann habe ich einiges über unsre kranke gesellschaft gesehen (adipositas, kurzsichtigkeit…)…es ist ein desaster. da kann covid einpacken. vielleicht schauen wir uns in zukunft auch mal was zusammen an, etwas, das uns beide interessiert. da hätten wir dann gesprächsstoff. vor allem möchte ich aber wissen, wie es mit dir weitergeht, ma bien roulée im blauen kleid.
jetzt kommt gleich mein nachbar, mit dem ich früher etliche baustellen durchgezogen habe, wenn’s mit kunst und musik nicht gereicht hat. er bringt 'nen italienischen lugana mit. stoß’ mit uns an, immerhin hocken wir gleich hier bei mir auf dir, genau hier:
48°45'42.0"N 9°18'22.4

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